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„Wandel und Werte sind keine Dinge, die nur eingerahmt an einer Wand hängen dürfen“

Spedition_kommunikation_mitarbeiter_besprechung_(c) Metzger Spedition

Kultur und Wandel sind mächtige, umfangreiche Begriffe, die für viele schwer greifbar sind. Das gilt für Führungskraft genauso wie für Mitarbeiter. Arbeitsumfelder und -methoden, in denen sich Unternehmenswerte und -kultur in der Regel widerspiegeln, haben sich oft jahrelang entwickelt und etabliert. Aber was tun, wenn man Dinge ändern möchte? Einen Einblick in den (Kultur-)Wandel seiner Spedition gibt Johannes Metzger, Geschäftsführer der Metzger Spedition GmbH. Vor fast vier Jahren ist er in den Familienbetrieb eingestiegen, und hat seitdem einige Stellschrauben gedreht.

 SVG GARAGE: Die Corona-Krise hat bei vielen Unternehmen Schwachstellen in bisherigen Arbeitsumfeldern und -methoden aufgedeckt. Bei Dir kam dieses Umdenken früher: Wie hast Du das für Dich erkannt?

Johannes Metzger: „Ich glaube, dass es wichtig ist, zunächst die rein wirtschaftlichen Ergebnisse von der Grundstruktur zu trennen. Bevor ich also angefangen habe, Kernkompetenzen, Geschäftsmodelle, Kundenstrukturen, Marktanteile und vieles mehr zu bewerten, habe ich mir die Struktur unserer Unternehmung angeschaut. Das bedeutete, dass ich mir rund drei Jahre Zeit genommen habe, um mir ein Bild von allen Führungsebenen und Abteilungen zu machen. Ich wollte das Unternehmen, also die Mitarbeiter kennenlernen, die uns zu dem machen, was wir sind. Vereinfacht dargestellt habe ich eine Kaderanalyse gemacht: Wer kann welche Position spielen, wie ist diese zu interpretieren und hat der auch das richtige Schuhwerk dazu.“

SVG GARAGE: Du gehst hier bereits auf Dein Team ein – möchtest Du kurz erzählen, welchen Stellenwert die Mannschaft in Eurer Firma hat?

Johannes Metzger: „Der Mensch kommt bei allem was wir tun zuerst, kurz: Erst das Wer, dann das Was. Aus meiner Sicht kann nur ein funktionierendes Team nachhaltigen Erfolg haben. Nur wer mit Spaß und Leidenschaft an seine Aufgabe geht, wird sich abheben und erfolgreich sein. Ich sehe meine Aufgabe deshalb nicht darin zu motivieren, sondern die Motivation zu erhalten, die jeder von vornherein mitbringen muss. Man kann niemandem beibringen zu lachen, jeder muss mit einem Lachen ins Unternehmen kommen. Mein Job ist es, die Voraussetzungen zu schaffen, dass dies so bleibt und alle gerne hierherkommen.“

SVG GARAGE: Kannst Du den neuen Weg und Dein Vorgehen dabei kurz beschreiben?

Johannes Metzger: „Unser Weg besteht grundlegend aus zwei Komponenten. Der erste Part erstreckt sich von der physischen Ausstattung der einzelnen Arbeitsplätze mit den richtigen Arbeitsmaterialien bis hin zu einer klaren Aufbauorganisation mit definierten Prozessabläufen und Verantwortlichkeiten.

Der zweite Teil ist der Schwierigere und liegt in der Ausgestaltung und dem Aufbau der Teams selbst. Dass der Mensch bei uns an erster Stelle steht, war nicht immer so. Eine unserer ersten Aufgaben war es deshalb, diesen Ansatz fest im Unternehmen zu installieren. Darauf aufbauend haben wir die Teamzusammenstellung top-down analysiert und unterschiedliche Leistungslevel differenziert und festgelegt. Anschließend haben alle offenes Feedback und eine klar formulierte Erwartungshaltung bekommen. Das Ergebnis daraus ist, dass einige Mitarbeiter ein neues Aufgabenfeld übernommen haben, andere Mitarbeiter neu dazugekommen sind und manche Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben.“

SVG GARAGE: Kannst Du ein, zwei konkrete Änderungen nennen, die Du angestoßen hast? Und wie haben Deine Mitarbeiter auf die Veränderungen reagiert?

Johannes Metzger: „Als banales Beispiel für die Ausstattung haben wir alle kaufmännischen Mitarbeiter – vom Azubi an jeden – mit einem personalisierten Laptop ausgestattet, um flexible Arbeitsstrukturen zu stärken. Das bedeutet, dass jeder problemlos von zu Hause aus arbeiten kann und es im Büro keine fest zugewiesenen Plätze mehr gibt. Das fördert den Austausch, schafft aber insbesondere in Pandemiezeiten enormen Handlungsspielraum.

Umfassender und schwieriger sind Änderungen im Umgang miteinander bzw. in der Unternehmenskultur. Ich sehe mich als voll integrierten Teil der Mannschaft und möchte dieses Mannschaftsgefühl stärken. Daher möchte ich die Räume beim Umbau so gestalten, dass sie kollaborative Zusammenarbeit weiter verbessern. Die Kommunikation soll durch den Umbau erleichtert und hierarchischen Strukturen entgegengewirkt werden. Bei uns hat eine „Sie-Kultur“ oder das klassische Einzelbüro einfach keinen Platz mehr.

Diese Veränderung wird von den Leuten zumeist positiv gesehen und im ersten Moment freut sich auch jeder über neues Equipment. Dass sich damit aber auch Kommunikationswege und Prozesse ändern müssen, wird oftmals skeptisch beäugt. Denn im Grunde geht es dabei um unsere generellen Einstellungen und Werte. Ich ändere ja nicht nur die Räume oder die Sie-Du-Thematik, sondern greife tief in unsere Unternehmenskultur ein. Denn Wandel und Werte sind für mich keine Dinge, die nur eingerahmt an einer Wand hängen dürfen.“

SVG GARAGE: Schöne Überleitung – was bedeutet Kultur für Dich?

Johannes Metzger: „Kultur ist für mich eine Art Leitbild, das wir alle gemeinsam leben. Unsere Werte bilden die Basis dafür – sie sind das Grundgerüst, in gewisser Weise die Spielregeln. Sie basieren auf Transparenz, Offenheit, Teilhabe und einem demokratischen Führungsstil. Vereinfacht dargestellt sind das die Dinge, an denen wir festhalten, auch wenn wir dadurch einen finanziellen Nachteil in Kauf nehmen müssten. Denn nur, wenn jeder die gleichen Werte verinnerlicht hat und gleichermaßen lebt, wächst und formt sich eine Kultur. Dadurch werden auch die Leistungen und Produkte der Unternehmung nach innen und außen abgrenzbar.“

SVG GARAGE: Sind schon die ersten Effekte spürbar?

Johannes Metzger: „Ja, ganz klar. Die Grundstimmung hat sich geändert, es wird mehr gelacht und es werden viel mehr Vorschläge gemacht und ausprobiert. Wir sind auf dem Weg von einer Fehlerkultur hin zu einer Lernkultur und darauf bin ich wirklich stolz. Das Team entwickelt sich weiter und kann inzwischen die ersten Erfolge feiern. Auch das ist neu: Das Team freut sich über Erfolge und feiert diese miteinander. Das stärkt das Selbstbewusstsein und ist ansteckend.“

SVG GARAGE: Was gibst Du anderen Transportunternehmen mit, die sich diesen Herausforderungen stellen möchten?

Johannes Metzger: „Ich möchte als junger Mensch nicht so weit gehen irgendwelche Tipps oder Ratschläge zu geben. Ich kann lediglich beschreiben, was ich anstrebe und welche Hürden dabei bisher entstanden sind.

Meine Reise begann bei mir selbst und der Frage nach meinem Ziel bzw. wie die ich die Unternehmung einmal übergebe. Sozusagen meinem Vermächtnis, also dessen, was nach mir Bestand haben soll. Ich bin überzeugt, dass aller Wandel oder Umstrukturierung nur dann gelingen kann, wenn ich mir und meinem Ziel treu bleibe. Auch wenn ich dadurch operative oder finanzielle Rückschritte machen muss. Je mehr jedoch diese Werte teilen, umso leichter wird es. Allein, ohne Unterstützung, glaube ich, wird ein Wandel in einer bestehenden Unternehmung fast unmöglich. Alle Entscheidungen bedingen jedoch immer absolute Konsequenz beim Handeln und viel Geduld.“

SVG GARAGE: Super, danke für die Eindrücke und das Gespräch.

Die Spedition Metzger wurde 1946 gegründet und befindet sich seither im Familienbesitz. Metzger beschäftigt rund 120 Mitarbeiter und hat einen Fuhrpark von 50 LKW. Ergänzt wird das Dienstleistungsportfolio durch 53.000qm Lagerfläche.